Was ist Stress?
Alle Menschen erleben hin und wieder Stress – die einen mehr, die anderen weniger. Doch kaum jemand weiß so genau, was das eigentlich ist. Stress zu verstehen, ist aber der erste Schritt, um einen gesunden Umgang damit zu finden. Also setzen wir genau hier an und stellen uns die Frage: Was ist Stress?
Zunächst einmal ist Stress eine körperliche Reaktion und auch wenn diese oftmals lästig erscheint, verfolgt sie ein wichtiges Ziel. Sie versetzt uns in Gefahrensituationen in Alarmbereitschaft. Das Herz schlägt schneller, der Atem beschleunigt sich und Muskeln spannen sich an. Solche Symptome kann man gut an sich selbst beobachten, aber es passiert noch viel mehr, als man in dem Moment bewusst wahrnehmen kann. Die Verdauungs- und Geschlechtsorgane arbeiten langsamer und das präziser arbeitende, aber langsamere Großhirn wird ausgeschaltet. Das führt dazu, dass unsere Reaktionen instinktiv und dadurch schneller erfolgen. Stresshormone, wie z.B. Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol werden ausgeschüttet.
Ursprünglich gerieten Menschen vor allem durch Hunger, Kälte oder Angriff in Stress. Mittlerweile gibt es aber noch eine Reihe von weiteren Auslösern: Reizüberflutung, Zeit- und Leistungsdruck, Konflikte und Schicksalsschläge. Die körperlichen Stressreaktionen können dafür sorgen, dass wir in Ausnahmesituationen den nötigen Energieschub bekommen und schnell reagieren können, um Gefahren abzuwehren.
Wird der Stress allerdings zu einem Dauerzustand, kann das negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Mit der Zeit werden die Schilddrüse und Geschlechtsorgane geschwächt, entzündliche Prozesse im Körper nehmen zu und das Immunsystem wird beeinträchtigt. Das führt dazu, dass man ernsthaft erkranken kann. Verspannungen führen zu Kopf-, Genick- und Rückenschmerzen. Die Verdauung gerät durcheinander, was sich in Magenschmerzen, Sodbrennen, Durchfall und Verstopfungen äußern kann. Schlaf- und Essstörungen, Zähneknirschen, Stottern und Vergesslichkeit können weitere Auswirkungen sein.
Durch Stress können sogar psychische Störungen begünstigt werden, wie z.B. Depressionen und Burnout. Daher ist es wichtig, auf den eigenen Körper zu hören und für Entspannung zu sorgen, bevor es gesundheitliche Auswirkungen hat. Um zu verstehen, an welchen Punkten man dafür ansetzen kann, ist es hilfreich, sich anzusehen, wie Stress entsteht.
Falls du gerne eine Vertiefung dazu hättest, was Stress ist, empfehle ich dir unsere Podcast-Folge „Stressmanagement und Achtsamkeit“.
Wie entsteht Stress?
Das Stressgeschehen läuft auf unterschiedlichen Ebenen ab, welche durch das Modell der Stressampel von Kaluza sichtbar gemacht werden können.
Äußere Stressoren sind Belastungen, oder auch Situationen, die von außen auf dich einwirken und damit eine Stressreaktion auslösen. Sie werden von Mensch zu Mensch unterschiedlich intensiv wahrgenommen und können grob in folgende drei Kategorien unterteilt werden:
- Kritische Lebensereignisse: Tod einer geliebten Person, Krankheit, Arbeitslosigkeit, aber auch positive Lebensereignisse wie z.B. Heirat, Geburt eines Kindes
- Entwicklungsaufgaben: Pubertät, Alterung des Körpers, Sinnfindung im Leben
- Tägliche Widrigkeiten: Bus verpassen, zu spät kommen, Kritik von Vorgesetzten, Konflikte
Ein solcher Stressor kann von jeder Person anders bewertet werden. So können einige z.B. gut mit Kritik umgehen, während das für andere schwieriger ist. Dafür sind persönliche Stressverstärker verantwortlich – also persönliche Motive, Werte und Einstellungen, welche die eigene Stressreaktion auslösen, verstärken oder schwächen können. Hier sind einige Beispiele für persönliche Stressverstärker:
- Perfektionismus
- Ungeduld
- Nach Anerkennung streben
- Wunsch nach persönlicher Unabhängigkeit
- Das Gefühl stark sein zu müssen
- Wunsch nach Sicherheit und Kontrolle
Die dritte Ebene beschreibt die Stressreaktion. Das ist eine körperliche oder psychische Antwort des Körpers auf herausfordernde Situationen, wie z.B.
- Körperlich: Herzschlag erhöht sich, Muskeln spannen an, Atmung wird schneller
- Hastiges, ungeduldiges Verhalten: nur kurze oder keine Pausen, keine Zeit für’s Essen, man spricht schneller
- Betäubungsverhalten: vermehrtes oder unkontrolliertes Rauchen, Essen, Alkoholkonsum, Kaffee etc.
- Unkoordiniertes Arbeitsverhalten
- Konfliktreicher Umgang mit anderen Menschen
- Emotional: innere Unruhe, Unzufriedenheit, Angst, Hilflosigkeit, Grübeln, Leere
Da Stress auf drei unterschiedlichen Ebenen abläuft, kannst du ihm auch auf eben diesen Ebenen begegnen und damit umgehen lernen. Äußere Stressoren können reduziert werden durch das Abgeben von Aufgaben und das Setzen von Grenzen, während Stressreaktionen durch ausreichend Bewegung und Entspannungsübungen gemildert werden können. Innere Stressverstärker sind allerdings besonders hartnäckig und es bedarf viel Fingerspitzengefühl und Geduld mit dir selbst, um deine eigene Einstellung zu reflektieren und die Perspektive zu ändern. Hast du Lust an deiner Stressampel zu arbeiten? Dann ist die nächste Übung genau das Richtige für dich!
Übung: Meine Stressampel
In dieser Übung wirst du dich mit den drei Ebenen deiner Stressampel beschäftigen. Du kannst dir die untere Tabelle auf ein Blatt Papier aufmalen, oder die PDF-Vorlage nutzen und ausdrucken. Zu jeder Ebene deiner Stressampel gehören zwei Schritte:
- Selbstreflexion: Überlege dir, was die Stressebene für dich ganz persönlich bedeutet. Welche Situationen sind herausfordernd für dich? Was sind deine Gedanken, wenn du dich in der Situation befindest? Und wie reagierst du darauf? Vielleicht hilft es dir, wenn du dafür an die Situation denkst, die dich zuletzt so richtig gestresst hat und die Fragen für dieses Beispiel beantwortest.
- Veränderung anstoßen: Im zweiten Schritt denkst du für jede Ebene darüber nach, wie du den Stress bewältigen könntest. Gibt es Aufgaben, die du abgeben kannst? Wo lohnt es sich, eine Grenze zu setzen? Welche Glaubenssätze könnten dir dabei helfen, deine innere Einstellung zu ändern? Und was kann dir dabei helfen, deine Stressreaktion zu lindern?
Falls du noch mehr Inspiration und Tipps zum Thema Stressabbau brauchst, findest du weiter unten im Artikel eine Präsentation dazu. Hier findest du außerdem noch eine weitere Übung zur Vertiefung, mit deren Hilfe du dich mit deinen Stressverstärkern auseinandersetzen kannst.
Einflussfaktoren auf die Gesundheit
Oft nehmen wir es als selbstverständlich wahr, dass unser Körper uns ermöglicht, den Aufgaben unseres Alltags zu begegnen. Wenn es dann mal anders läuft, wir uns müde und ausgebrannt fühlen, denken viele zunächst an körperliche Ursachen. Tatsächlich ist es aber so, dass noch mehr darüber entscheidet, ob wir uns gesund oder krank fühlen. Es kommt auf das Zusammenwirken von Körper, Seele und sozialem Umfeld an. In der Medizin spricht man vom biopsychosozialen Modell.
Die verschiedenen Ebenen des Modells beeinflussen sich gegenseitig, was bedeutet, dass die Ursache für gesundheitliche Probleme von jeder Ebene ausgehen kann. Macht man sich die drei Ebenen und die dahinterstehenden Bedürfnisse bewusst, kann man aktiv gegensteuern und die eigene Gesundheit stärken. Auf biologischer Ebene kann eine trainierte Muskulatur dazu beitragen, Überlastungen zu minimieren. Eine optimistische Lebenseinstellung hilft auf psychischer Ebene und der Aufbau eines zuverlässigen Freundes- und Familienkreises kann einen positiven Einfluss auf die soziale Ebene haben. Bringt man alle drei Ebenen ins Gleichgewicht, verringert das Stress und führt zur Entspannung.
Übung: Meine wichtigsten Bedürfnisse
Du kennst nun das biopsychosoziale Modell und einige Beispiele von Bedürfnissen, die damit einhergehen können. Einige Bedürfnisse haben alle Menschen gleichermaßen, aber die Gewichtung und Ausprägung kann sehr individuell sein. Regelmäßige Bewegung kann für eine Person bedeuten, täglich einen 10-minütigen Spaziergang zu machen, und für eine andere, 5 Mal die Woche Krafttraining zu betreiben. Wie ist das bei dir? Welche sind deine wichtigsten Bedürfnisse auf den drei Ebenen? Mal dir die Tabelle entweder auf ein Blatt Papier oder druck dir die PDF-Vorlage aus.
Wenn du das nächste Mal in Stress gerätst, und merkst, dass du einen Ausgleich bräuchtest, kann es hilfreich sein, einen Self-Check-In durchzuführen. Du weißt nun, was deine wichtigsten Bedürfnisse sind. Geh sie der Reihe nach durch und überlege, ob jedes einzelne davon gerade gestillt ist. Das sollte dich schnell darauf aufmerksam machen, welche Punkte durch deine stressige Phase gerade einbüßen mussten und hintenangestellt wurden. Jetzt wird es Zeit sich genau darum zu kümmern!
Tipps zur Entspannung
Leider gibt es nicht die eine sichere Methode zur Stressbewältigung, die bei jeder Person funktioniert. Erfolgsversprechend ist es, wenn man verschiedene Dinge ausprobiert und dann schaut, was für einen selbst funktioniert. Klick dich durch die folgende Präsentation und lass dich inspirieren!
Up for a challenge? Dann teste doch direkt drei Unterschiedliche Methoden und beobachte, was es mit dir macht!
Unterstützung annehmen
Wenn die Belastung zu groß wird, solltest du dich nicht davor scheuen, Unterstützung anzunehmen. Sprich mit deiner Familie oder deinen Freunden über die Hindernisse, vor denen du stehst. Falls das keine Option für dich ist, kannst du dich auch an deine Schule wenden. Du kannst auch in Beratungszentren gehen, oder einen Termin bei deinem Kinder-/Hausarzt vereinbaren. Darüber hinaus bieten Kinder- und Jugendpsychiatrien freie Sprechstunden an, in denen du deine Situation durchgehen und nächste Schritte festlegen kannst. Falls du dich lieber anonym beraten lassen möchtest, sind die Nummer gegen Kummer und die TelefonSeelsorge gute Anlaufstellen. Weitere Möglichkeiten findest du in diesem Artikel.
Quellen
Kaluza G. Stressbewältigung. Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung. 2. Aufl. Heidelberg: Springer; 2011
George L. Engel: Der klinische Zugang zum Patienten: Anamnese u. Körperuntersuchung . Huber, Bern 1977
https://gesund.bund.de/stress#stressempfinden
https://www.feel-ok.at/de_AT/schule/themen/paedagoginnengesundheit/stressmanagement_lehrerinnenberuf/stress-was_ist_das/stress_fokus/stressampel.cfm
https://www.gkm-institut.de/files/ueber-gkm/publikationen/aktuell/stress-ist-was-du-daraus-machst.pdf
https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/mediathek/videos/kompetenz-gesundheit/was-ist-das-biopsychosoziale-modell
https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/meditation-und-wissenschaft-194
https://www.gesundheit.gv.at/leben/stress/progressive-muskelentspannung.html
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Atemtherapie-Mit-Uebungen-einfach-entspannen,atemtherapie100.html
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Achtsamkeit-Einfache-Uebungen-gegen-Stress,achtsamkeit114.html