Mein Name ist Anna-Maria Brandtner, ich bin 19 Jahre alt und habe mich nach langen Überlegungen für den Studiengang Philosophie im Hauptfach und Pädagogik im Nebenfach an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) entschieden. Im Anschluss möchte ich euch meine Impressionen aus meinen ersten zwei Semestern schildern, die ich folgendermaßen aufgliedere:
- der Inhalt des Philosophiestudiums
- die modularische Aufbereitung desselben (Pflicht- und Wahlprogramm)
- die Anforderungen an Interessierte
- die berufliche Aussichten nach dem Studium
- der „Nutzen“ eines Philosophiestudiums
Inhalt des Philosophiestudiums
Zuerst zum Inhalt des Philosophiestudiums. Philosophie wird oftmals als Wissenschaft von allem bezeichnet, neben ihrer wörtlichen Übersetzung Liebe zur Weisheit versteht sich. Aus der Philosophie, genauer der Naturphilosophie, haben sich fast alle übrigen aktuellen Wissenschaften entwickelt, weshalb sie zudem auch Mutter der Wissenschaften genannt wird, oder spaßhaft in modernen Zeiten Mütterchen.
Wann löst sich also eine Wissenschaft aus der Philosophie oder wann zieht sie aus dem Elternhaus aus? Wenn es konkrete Antworten auf die Fragen einer philosophischen Strömung gibt, die einen großen Konsens hervorbringen, die empirisch, also mit Messinstrumenten und Tests, analysierbar sind und deren Grenzen durch solche Bestimmungen relativ eindeutig gestaltet sind. Im Umkehrschluss heißt das für die Inhalte des Philosophiestudiums, dass es kaum eine Problemstellung gibt, bei deren Lösung sich alle Philosophen einig sind. Ein Professor an der Universität Regensburg formulierte dies einst so: „In der Philosophie geht es nicht um Antworten. Antworten gibt es Dutzende, davon haben wir wirklich genug. Was wir brauchen, sind die richtigen Fragen!“ .
Konkret bedeutet das, dass du als StudentIn unheimlich frei bist. Die Freiheit liegt nicht nur darin, mit welchen Fragestellungen du dich beschäftigen möchtest (mehr dazu in Modularische Aufbereitung), sondern auch, in welcher Position du dich am ehesten wiederfindest, also welche für dich am argumentativ überzeugendsten ist.
Die Fragen, die sich stellen, könnten im ersten Augenblick primitiv erscheinen, z.B.: Sind wir? Wenn ja, was ist Sein? Oder wer sind dann wir oder bin nur ich? Warum bin ich? Welchen Sinn hat das alles? Wie bin ich und wie soll ich dann sein? Sollen und können alle anderen so sein? Wenn ich sterbe, bin ich dann nicht mehr? Was ist danach und darf Gott da mit reden? Gibt es den überhaupt? Gibt es überhaupt irgendetwas? Und vor allem: kann ich das, was es gibt, erkennen? Usw.
Doch hierbei handelt es sich bei weitem nicht um primitive Fragen im herkömmlichen Sinne. Es sind Fragen, die elementar sind, Grundlage allen menschlichen (Selbst-)Verständnisses. Wenn du also nicht nur Wörter verwenden, sondern auch wirklich verstehen willst, wenn du zweifelst und auf der Suche nach Sinn, Sein, Ursprung, Zeit, Menschsein, Moral, Gerechtigkeit, Schönheit und Wahrheit bist, dann sei willkommen!
Diese sind einige der Hauptfragen der Philosophie, aber weil es die Philosophie ist, die sie stellt, gibt es nicht nur eine Antwort. Mir persönlich ging es bisher so, dass ich ständig zweifelte, an so ziemlich allem und mir das in der Schule zum Beispiel nicht unbedingt weiterhalf. Ein Gedankenspiel: Wenn dich ein Lehrer fragt, ob 2+2=4 ist, ist der gewöhnlich nicht sehr begeistert, wenn du die Existenz der Zahlen als Behilfskonstrukt für weltliche Verhältnisse deklarierst oder sie als real-nicht existente, empirisch unmessbare Hirngespinste abwehrst (letztere ist nicht meine Position, aber ich stelle mir gerne vor, was passiert, wenn ich sie vertreten würde! ;) ). Im Philosophiestudium ist man mit dem Zweifel jedoch sehr gut aufgehoben, weil man gegenüber allem kritisch denken soll, sogar gegenüber dem Wort „man“ (Heidegger) und durch Diskurs und logische Argumentation versucht, sich zu positionieren.
Diese Positionen kann ich jedoch aufgrund ihrer Vielfalt nicht aufzählen, aber zumindest die Wissenschaften, die in der Philosophie als Teilgebiete enthalten sind. Zu diesen verfasse ich nur einen kurzen Beschreibungssatz, da sie im philosophischen Sinne, wie ihr euch nun vielleicht vorstellen könnt, nicht eindeutig definierbar sind und es wunderschöne ausführliche Beschreibungen dazu gibt:
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Ästhetik ist die Beschäftigung mit dem Schönen, also der Frage: Was ist Schön?
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Ethik stellt sich die Frage nach der Moral, also nach dem Guten und spezifisch nach dem guten Handeln.
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Etymologie /Erkenntnistheorie fragt, inwieweit man die Meinung eines rationalen Wesens rechtfertigen kann und wie weit diese überhaupt möglich ist. Eine weitere zentrale Fragestellung ist, ob man etwas wissen kann und wie sich Wissen zum Beispiel zu Glauben usw. abgrenzen lässt.
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Geschichte der Philosophie ist die Analyse der Entwicklungen in der Philosophie anhand verschiedener Philosophen und deren Ansichten, sowie generellen Strömungen und deren gegenseitige Beeinflussung und Differenzierung.
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Logik ist die Übersetzung der mehrdeutigen Natursprache (also die Sprache, wie wir sie verwenden) in eine eindeutige Sprache, die man anhand von Grundsätzen überprüfen kann und so die Wahrheit eines Satzes und die Gültigkeit eines Argumentes in Relation zur Welt bestimmen kann.
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Metaphysik galt lange Zeit als erste Philosophie und untersucht die Frage: Was gibt es? Sie ist eng mit der Ontologie verwandt, versucht aber eher, Sein zu begründen als zu strukturieren.
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Ontologie, die Wissenschaft vom Seienden ist eine der ältesten philosophischen Richtungen und versucht die oder das Seiende in der Welt zu ordnen.
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Sprachphilosophie sucht die Bedeutung der Sprache, was ist also der Gehalt von Worten, zeigen diese auf etwas in der Welt? Was kann Sprache und was kann sie nicht?
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Wissenschaftstheorie beschäftigt sich mit der Frage „Was ist eine Wissenschaft?“, wie lassen sich Hauptbegriffe der Wissenschaft (z.B. Erklärung, Beweis, Ursache) definieren und wissenschaftliche Methoden argumentativ begründen (oder auch nicht).
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Philosophie der Mathematik / Politik /Religion uvm. Fast zu jedem Wissenschaftsbereich gibt es philosophische Meinungen und Analysen, du erinnerst dich: Wissenschaft von allem? ;)
Modularische Aufbereitung desselben (Pflicht- und Wahlprogramm)
Ich kann das Studium an der LMU in dieser Hinsicht wärmstens empfehlen, da es sich sehr offen, flexibel und individuell gestaltet. Das ist vor allem meinen VorgängerInnen geschuldet, die bei der Einführung des Bachelor- und Mastersystems aktiv bei der Gestaltung der Studienordnung mitgewirkt haben. Hierbei ein kleines Dankeschön! Doch zuerst einige Erklärungen:
Das Philosophiestudium ist wie fast jeder moderne Studiengang untergliedert in Grund- (also Bachelor) und Aufbaustudium (Master). Der Bachelor dauert in der Regel drei Jahre, wobei an der LMU das Sonderangebot offen steht, einen vierjährigen Bachelor zu absolvieren. Das letzte Jahr ist dabei als Vertiefung mit dem Schwerpunkt auf wissenschaftlichen Arbeiten ausgelegt, wobei aufgrund der Modularisierung verschiedenste Variationen denkbar sind.
An dieser Stelle soll eine kurze Erläuterung zur Modularisierung folgen, da diese sehr komplex ist und von Studiengang zu Studiengang und den diversen Universitäten stark variiert (Außerdem versteht man das erfahrungsgemäß erst während des voranschreitenden Studiums so richtig, also keine Sorge! :) ): Module sind Themenblöcke, die innerhalb des jeweiligen Studienabschnittes (Semester) absolviert werden sollten. Es gibt folgende Module, die an der LMU verpflichtend zu besuchen sind:
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Einführung in die Philosophie (Eine Ringvorlesung, in der jeder Lehrstuhl sein Fachgebiet, z.B. Erkenntnistheorie vorstellt)
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Grundlagen der Philosophie I und II (Das sind Logik und Wissenschaftstheorie)
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Geschichte der Philosophie I und II (welche streng genommen auch zu den Grundlagen gehören)
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Theoretische Philosophie I und II
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Praktische Philosophie I und II
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Wissenschaftliches Schreiben I
Abgesehen von der Einführung in die Philosophie und die Grundlagen der Philosophie I und II setzten sich die übrigen Module aus ganz verschiedenen Veranstaltungen zusammen. Für jedes absolvierte Modul erhält man ECTS-Punkte, pro Modul sind es in der Regel 6 – 9 ECTS Punkte, wobei im Hauptfach 18 ECTS-Punkte pro Semester erreicht werden sollen. Im gesamten Philosophiestudium an der LMU gibt es nur zwei verpflichtende Klausuren, die Teil der Module Logik und Wissenschaftstheorie sind. Alle anderen Punkte lassen sich frei erwählen, indem man aus einem breiten Angebot an Seminaren auswählt. Die Leistung, die ihr in diesen Seminaren in Form einer Hausarbeit, einem Essay und/ oder Referat erbringt ist mit ca. 9 ECTS Punkten zu dotieren, weil die zugehörige Vorlesung über diese Leistung abgeprüft wird (Dies variiert im Schnitt jedoch etwas).
Zu jedem dieser Seminare gibt es also eine Vorlesung passend zum Modul des Seminars, welche freiwillig besucht werden kann. Dieser Besuch ist aber sehr empfehlenswert, weil dadurch ein Überblick geschaffen wird. Philosophie wird größtenteils aus Interesse studiert, weshalb ich rate, möglichst viele verschiedene Veranstaltungen – auch extrakurrikulär – zu besuchen. So kann man nicht nur seine Leidenschaft für neue Themenbereiche entdecken, sondern baut sich so wichtige Brücken zwischen Bekanntem und Neuem auf, die sicherlich dem weiteren Lebensweg nicht abträglich sein werden. Vor allem zum Ende des Semesters hin wird euer Arbeitspensum sehr groß sein (wenn ihr wie ich gerne „vergesst“ sehr gut mitzulernen, was ich überhaupt nicht empfehlen kann! Gar nicht, tu es nicht, das rächt sich!) und ihr seid durch die Offenheit der Vorlesungen in eurer Zeiteinteilung freier.
Im Laufe des Studiums werdet ihr euch über das Themengebiet, das ihr mehrere Semester verfolgt, profilieren können. Deshalb keine Scheu, Seminare auch „nur“ aus Interesse zu besuchen. Auch ist euch die Reihenfolge, in der ihr die Module absolviert, freigestellt und ihr habt die Möglichkeit, euch euren Stundenplan, das Studientempo und den Inhalt relativ frei auszusuchen. Dennoch rate ich, den empfohlenen Modulsemsterplan, den ihr auf der Webseite der Philosophischen Fakultät findet, einzuhalten, da euch vor allem die Grundlagen für das weitere Studium sehr hilfreich sein werden. Doch auch hier eilt es nicht, alles auf Anhieb zu verstehen. StudiengangskoordinatorIn, deine zukünftigen KommilitonInnen oder die Fachschaft können dir besonders in den ersten Einführungsveranstaltungen weiterhelfen.
Die Anforderungen an Interessierte
Wenn ihr euch also für die angesprochenen Themen begeistern könnt und der Aufbereitung dieser offen gegenübersteht, gibt es im Folgenden einige Eigenschaften und Fähigkeiten, die meiner Erfahrung nach im Philosophiestudium von Vorteil sein können. Erstens und diese Eigenschaft finde ich am wichtigsten, ist der Wille, zu hinterfragen. Das Sich-nicht-zufrieden-geben-mit-Scheingegebenheiten ist elementar um auf den Grund von Fragestellungen vorzudringen und sich nicht durch klangvoll-schöne Worte oder Gewohnheiten von der Suche nach der Wahrheit und dem Guten, Schönen abhalten zu lassen. Seid ihr also kritisch, wollt genau wissen, über was ihr redet und seid ihr bereit, auch Positionen ernst zu nehmen, die euren diametral gegenüberstehen, solange diese gut begründet sind?
Kritisch sein ist die eine Seite der Medaille, die andere ist, angebrachte Kritik an die eigenen Ansichten annehmen zu können und sich durch die Beschäftigung mit ihr weiterentwickeln zu können. Ich weiß, dass es manchmal sehr schwierig sein kann, seine Haltung zu einer Fragestellung verändern zu müssen, weil man sie argumentativ nicht ausreichend verteidigen kann. Aber es ist ratsam zu lernen, dass es beim Philosophieren um das Finden der Wahrheit geht und das dieses Ziel wichtiger ist als das Halten seiner Stellung nur um diese nicht aufgeben zu müssen, in einer Argumentation zu „verlieren“. Denn das ist kein Verlust an sich, wenn ihr dadurch dem großen Ganzen näher kommt. So individuell ihr euer Studium und eure Ansichten gestalten könnt und so viele Freiheiten es gibt, wenn ihr vor einem Widerspruch in eurem Denken steht, muss dieser gelöst werden. Vielleicht bedeutet dies, das man sich weniger in den Mittelpunkt stellt, sondern eher seine Liebe zu etwas, das (fast) so alt ist wie der Mensch, der Philosophie.
Während des Studiums werdet ihr umfangreiche und anspruchsvolle Werke von großen PhilosophInnen lesen. Das bedeutet für euch, dass ihr eine Vorliebe für Lesen haben solltet und die Ausdauer, auch schwierigen Texten auf den Grund zu gehen und diese kritisch zu analysieren. In meinem ersten Semester habe ich angefangen Kants „Kritik der reinen Vernunft“ zu lesen. Lasst mich euch sagen, dass ich um zum Beispiel den Zeitbegriff darin zu verstehen, 8 bis 13 Stunden investiert habe. In Summa ist dieser auf 5 Seiten komprimiert (Wenn das ganze benötigte Vorwissen und die Spezifizierungen im Anschluss ausgelassen werden.) Das kann stellenweise etwas frustrierend sein, aber wann man dann das Gefühl hat, so eine These verstanden zu haben und sie auch noch Sinn macht, hat sich der Aufwand wirklich gelohnt. Nehmt euch Zeit und beißt euch durch (metaphorisch bitte, die Bücher sind nicht gerade wohlfeil) und denkt daran: kein Spezialist ist vom Himmel gefallen ohne sich etwas zu brechen!
Die berufliche Aussichten nach dem Studium
In gefühlten 98 % der Fälle, in denen man auf die Frage: „Und, was studierst du denn?“ (Oder Fragen mit ähnlicher Proposition) mit „Philosophie!“ antwortet, wird sofort eine Gegenfrage gestellt: „Ahaaa… … … und was macht man dann damit?“.
Natürlich ist diese Frage berechtigt, denn leider ist es schwer möglich ewig zu studieren, es muss also etwas folgen nach dem Studium. Ich habe inzwischen eine Standardantwort für Nicht-PhilosophiestudentInnen entwickelt oder Menschen, die ihr ablehnend gegenüberstehen, die ich euch an die Hand geben möchte.
Auffällig bei der Art und Weise, wie die Frage gestellt wird, ist, dass ihr ein gewisser Skeptizismus zugrunde liegt. Für viele Menschen sind Philosophen kauzige Personen, die sich in Elfenbeintürmen weltenthobene Konzepte überlegen, die so abstrakt sind, dass sie mit der Welt gar nichts mehr zu tun haben. Wenn ihr also jemanden trefft, der sehr zweifelnd am Sinn von Philosophie sein Dasein fristet, könnt ihr antworten: „Dieses Studium ist ein Selbstzweck,“ (dramatische Pause) „ich studiere Philosophie, um mich persönlich weiterzuentwickeln. Ich will die Welt verstehen, in der ich lebe und ich will sie beeinflussen. Jeder beeinflusst sie ein kleines Stück, aber ich will wissen, ob es zum Guten oder Schlechten ist, ob ich gerecht bin, ob ich überhaupt Vorbild sein kann oder ob ich für mich allein kämpfe. Die Philosophie ist nicht nur die Liebe zur Weisheit, sondern die Wissenschaft von allem. Das heißt, dass ich mich nicht wie die meisten anderen Studierenden auf ein Thema beschränke, sondern das große Ganze im Auge habe und in allen Wissenschaften, wenn ich das will, meine philosophische Bestimmung finden kann.
Wir haben auch engen Kontakt zu den modernen Wissenschaften und stehen im ständigen Austausch mit diesen, was wäre z.B. der moderne Raumbegriff ohne Physik? Ich musste mich entscheiden und ich habe mich für alles entschieden und für die Freiheit, immer wählen zu können.“ Aber das beantwortet freilich noch nicht die Frage. Manchmal reicht das oder die Person will dann diskutieren, und wer könnte schon eine solche Diskussion ablehnen? Gut, aus Höflichkeit kann man aber auch die Frage beantworten:
Denn generell ist es mit dem Studium von Geisteswissenschaften so, dass das Berufsfeld sehr weit gefächert ist und man entgegen einem spezifischem Studium (Lehramt, Zahnmedizin, Ingenieurswissenschaften etc.) keinen eindeutigen Beruf vorgegeben hat. Auch ist das Gebiet, in dem man einen gewissen Grad an Expertise erlangt, häufig nicht Teil von einem Berufsanforderungsprofil. Vielleicht kennt ihr in diesem Kontext den Witz vom Eklektiker, der bei der Agentur für Arbeit vorstellig wird. Der Sachbearbeiter freut sich und sagt: „Ausgezeichnet, der Stromkasten bei Müllers muss repariert werden, fragen Sie doch da an!“.
Es wird seltener der Fall sein, dass ausgebildete PhilosophInnen gesucht werden. Doch gibt es viele Institute und Gesellschaften, die sich mit der Philosophie beschäftigen, z.B. die Internationale Hegel-Gesellschaft e.V., Deutsche Gesellschaft für Philosophie e.V. und Europäische Gesellschaft für frühneuzeitliche Philosophie e.V. uvm.. Auch Zeitschriften für Philosophie wie Hohe Luft und Deutsche Zeitschrift für Philosophie suchen gelegentlich nach studierten PhilosophInnen. Dies sind Alternativen zur universitären Laufbahn und ich versuche zum Beispiel mir via deren Internetseiten einen Überblick über angebotene Stellungen und Profile zu verschaffen.
Immer wichtiger werden Zusatzkompetenzen wie EDV-Kenntnisse und Fremdsprachen für die beruflichen Möglichkeit ungeachtet der Fachrichtung. Da die meisten Universitäten in dieser Hinsicht ein gut aufgestelltes Angebot haben, empfehle ich frühzeitig seine Fühler in diese Richtung auszustrecken, es eröffnen sich dadurch auch viele Türen zum Beispiel für Praktika während des Studiums.
Neben dieses Möglichkeiten in Forschung und Publikationsmöglichkeiten der Philosophie beruflich treu zu bleiben, steht man mit seinem Abschluss vor einem offenen und flexiblen Markt. Das primäre Gut, dass man diesem anbietet, ist man selbst. Die Frage, die ich mir vor einer Bewerbung oder überhaupt stellen muss, sind: Was kann ich?
Was man als PhilosophiestudentIn kann ist argumentieren, mit Texten umgehen, sich präzise und gut auszudrücken und sich fundiert kritisch mit fast jedem Themenbereich auseinanderzusetzten. Analytisches Denken, eine Grundausbildung in Logik, Ausdauer und der Wille zu Verstehen sowie Durchsetzungsvermögen und Dialogbereitschaft sollten eine(n) AbsolventIn auszeichnen. In jeden Berufsfeld, in der diese Eigenschaften gesucht werden, ist ein(e) PhilosophiestudienabsolventIn gerne gesehen, solange ihr euch gut präsentiert und ihr auch offen für neue, zuvor unbedachte Wege, offen seid, findet ihr sicherlich einen Arbeitsplatz. Vorstellbar und relativ häufig durch ehemalige PhilosophiestudentInnen besetzt sind Stellungen in der Verwaltung, Verlägen, Bibliotheken, Politik usw..
Dieses Studium als Selbstzweck zu betrachten (wie auf der Website der Philosophischen Fakultät beschrieben) ist aus meinen vorherigen Ausführungen hoffentlich klar geworden, dass dieser Zweck nicht nur zum persönlichen Wachstum dient, sondern einen auch auf einen sich ständig wandelnden Arbeitsmarkt vorbereitet, der in Zeiten des Dienstleistungssektors auf der Suche nach abstrakten Fähigkeiten und Besonderheiten (also dem Sich-Abheben-Von-Den-Tausend-Anderen-Bewerbern) ist.
Der „Nutzen“ eines Philosophiestudiums
In den vorausgegangenen Ausführungen habe ich viel vom Selbstzweck, der Profilierung für den Arbeitsmarkt, die persönliche Entfaltung und Fertigkeiten wie Argumentation, Analytisches Denken und Kritikfähigkeit gesprochen. Zum Abschluss möchte ich euch kurz präsentieren, was sich nach einem Jahr Philosophiestudium für mich persönlich konkret verändert hat.
Abgesehen von den äußeren Veränderungen, die mit einem Umzug in eine neue Stadt und vor allem mit München gekommen sind, muss man sehr organisiert und selbstständig agieren, weshalb diese Eigenschaften verstärkt werden.
Besonders die Logik-Einheit am Anfang des Studiums hat mir geholfen, meine Gedanken zu ordnen und Widersprüche in Diskussionen und argumentativen Texten zu erkennen.
Ich achte auf eine genauere Formulierung und habe in dieser doch recht kurzen Zeit neues Vokabular erlernt. Doch auch der ideelle Wert ist für mich sehr hoch, da ich sehr viel von meinen KommilitonInnen jeden Alters lernen konnte/ kann, welche über die verschiedensten Lebenswege zu ihrem Studium gelangt sind. Das Gesprächsklima ist sehr offen und ich musste schon die ein oder andere Einstellung aufgeben, weil ich sie nicht halten konnte, aber ich hatte fast nie das Gefühl, dadurch etwas verloren zu haben. In außeruniversitären Diskussionen hat sich mein „Bullshit“- Filter verfeinert, was wirklich sehr zeitsparend und nervenschonend ist. Überrascht war ich von meiner neu-entdeckten Liebe zur mathematischen Philosophie. Ich und mathematische Philosophie, wo ich gerade so das Mathe-Abitur mit einer Aktionspackung Gummibärchen überstanden habe!
Die schönste Überraschung ist für mich jedoch, dass ich trotz der Größe der Universität und des Lehrstuhls für Philosophie (welcher der größte in Deutschland und einer der renommiertesten ist) nie das Gefühl habe, ein anonymer Schattenwandler zu sein. Die ProfessorInnen schätzen gute Fragen und durch die vielen Seminare, an denen durchschnittlich 10-25 StudentInnen teilnehmen, habe ich produktiven persönlichen Kontakt zu verschiedenen Lehrkräften und somit viele kompetente AnsprechpartnerInnen. Summierend lässt sich sagen, dass ich nicht voraussehen konnte, wie gut und unerwartet sich mein Studium so weit entwickelt hat. Deshalb würde ich euch raten, vielleicht eine Vorlesung zu besuchen (keine Sorge, da fallt ihr in der Regel nicht auf), an den Schnupperstudium der Fachschaft teil zu nehmen (hierbei könnt ihr mit einem/ einer regulären PhilosophiestudentIn einen oder mehrere Tage „probestudieren“) oder zur Studienberatung eurer Wahl zu gehen. Unser Studiengangskoordinator an der LMU für Philosophie ist wirklich sehr freundlich, ihr müsst euch deshalb nicht scheuen, ein Beratungsgespräch mit ihm zu vereinbaren.
Auch Bücher zum Philosophiestudiengang sind zu empfehlen, oder die Kontaktaufnahme über soziale Medien; fast überall findet sich eine Gruppe der Studierendenschaft Philosophie. Doch sichert euch auch ab, ob diese tatsächlich von echten StudentInnen betrieben wird. Benjamin Franklin sagte bereits: „Glaubt nicht alles, was im Internet steht!“ (Quelle: Public Source ;) ) .
Lasst euch von eurem Traum nicht abhalten und ich hoffe sehr, dass ihr, egal für was ihr euch entscheidet, euren Sinn findet und zufrieden sein werdet!
– von Anna-Maria Brandtner, ASk e.V.
Du findest diesen und weitere spannende Artikel auf der Website des ASk e.V..