Häuser gibt es überall. Ein Dach über dem Kopf zählt bei uns zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Aber wer plant eigentlich die Häuser, in denen wir wohnen? Architekten haben ein vielfältiges Aufgabengebiet und zeichnen keinesfalls nur hübsche Ansichten von Häusern.
Ich möchte in diesem Blogbeitrag meinen Studiengang „Architektur dual“ vorstellen. Dabei gehe ich auf die Fragen ein, die sich für mich bei der Entscheidung zum Studium gestellt haben. Was macht man eigentlich als Architektin? Wie sieht das Studium aus? Warum sollte ich dual studieren? Warum schließt der Studiengang mit einem Bachelor of Engineering ab? Wo eröffnen sich dadurch Arbeitsmöglichkeiten im Berufsleben? Und wieso sollte ich an so einer kleinen Hochschule studieren?
Was ist Architektur?
Das erste, was ich im Studium lernen durfte, ist, dass Architekten nicht nur Häuser zeichnen und diese dann bauen lassen. Architektur ist ein Kunstbegriff, der häufig die Regionen, in denen sich die Bauwerke befinden, repräsentiert. Architektur unterscheidet sich stark auf Grund von Kultur, Wirtschaftslage, Klima und Nutzung. Man muss sich nicht nur mit dem Bauwerk selber, sondern auch mit der Umgebung auseinandersetzen.
Es gibt zahlreiche Beispiele für architektonische Aufgaben in der Praxis: In einer Stadt ist eine Baulücke vorhanden. Der Architekt entwickelt aus der Umgebung und den Anforderungen an das zu erbauende Gebäude, ein Konzept für die Bebauung. Oder ein unter denkmalgeschütztes Gebäude kann nicht mehr wie in der Vergangenheit genutzt werden. Es ist sowohl eine energetische Sanierung, als auch ein neues Raumkonzept gewünscht. Der Architekt muss dabei nicht nur mögliche andere Nutzungen in Augenschein nehmen und deren Anforderungen bedenken, sondern auch in Anlehnung an das Denkmal ein Sanierungskonzept ausarbeiten.
Wie sieht das duale Studium aus?
Das Architekturstudium ist eine Kombination aus künstlerischer Kreativität und handfestem Ingenieurwissen. Genau das hat mich überzeugt. Ich habe in der Vergangenheit als Immobilienkauffrau gearbeitet und wollte mich beruflich weiterentwickeln. Mir hat künstlerische Kreativität im Beruf gefehlt und das Architekturstudium war für mich die perfekte Lösung. Ein duales Studium an einer so kleinen Hochschule ist anders als an einer Uni und jeder sollte für sich abwägen, welche Art zu Lernen die richtige ist. Ich bin eine Mischung aus dem visuellen und dem kommunikativen Lerntyp, weshalb ein praxisorientiertes Studium mit vielen Seminaren und wenig Frontalunterricht (wie an der hochschule 21) für mich optimal ist.
Duales Studium
„Dual“ ist kein geschützter Begriff, deshalb kann ich allgemein nur sagen, dass man unter „dual“ eine Verbindung von Theorie und Praxis versteht.
An der hochschule 21 bedeutet das duale Studium, dass sich die 8 Semester Architekturstudium aus 50% Theoriephasen und 50% Praxisphasen zusammensetzen. Diese Theorie- und Praxisphasen finden im Wechsel von drei Monaten statt. Während der Theoriephasen wird uns das notwendige Wissen für das Studium vermittelt. Hierbei werden beispielweise konstruktive, gestalterische und betriebswirtschaftliche Module belegt. In den Praxisphasen arbeitet man bei einem Unternehmen (Praxispartner). Durch die Arbeit beim Praxispartner sammelt man bereits Berufserfahrung und kann das theoretisch Erlernte praktisch anwenden, ohne dass zusätzliche Praktika für den Abschluss notwendig sind. Semesterferien, wie in einem typischen Studium haben wir nicht, aber dafür den gesetzlichen Urlaubsanspruch während der Praxisphasen. Da es sich um eine private Hochschule handelt, müssen monatlich anfallende Studiengebühren gezahlt werden. Das Konzept der Arbeit bei einem Praxispartner sieht vor, dass die Studiengebühren, sowie ein kleines „Azubigehalt“ von dem Unternehmen übernommen werden. Viele Unternehmen setzen hierfür eine vertragliche Bindung an das Unternehmen bzw. eine Rückzahlungsklausel voraus.
Das Studium - Zugangsvoraussetzungen, Studienablauf und Abschluss
Um das Architekturstudium an der hochschule 21 aufzunehmen, wird das Abitur, Fachabitur oder eine Berufsqualifikation benötigt. Was mich angesprochen hat ist, dass es keinen Numerus Clausus gibt, denn Schulnoten sagen nicht viel über die Fähigkeiten in einem Berufsfeld aus. Im Bewerbungsverfahren muss ein Eignungstest in der Hochschule geschrieben werden. Der Test entfällt, wenn bereits im Voraus ein Unternehmen als Praxispartner vorgewiesen wird. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es unendlich verschiedene Firmen in der Immobilienwirtschaft gibt, die bereit sind ihr eigenes Personal im Rahmen eines dualen Studiums auszubilden. Ihr müsst einfach mutig sein und bei den Firmen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Es ist egal, wo sich das Unternehmen befindet. Ich kenne einen dualen Studenten, der für die Praxisphasen immer in der Türkei war, einige haben einen Praxispartner in Süddeutschland und andere in der Nähe der Hochschule in Buxtehude.
Das Studium beinhaltet folgende Module:
- Darstellen und Gestalten
- Entwerfen und Gebäudelehre
- Konstruktion, Tragwerkslehre und Baustofflehre
- Bau- und Kunstgeschichte
- Freihandzeichnen und Modellbau
- computer-aided design (CAD)
- Bauphysik und Technischer Ausbau
- Betriebswirtschaftslehre
- Architekturtheorie und Denkmalpflege
- Bauaufnahme und Vermessung
- Stadtplanung und Städtebau
- Baubetriebslehre
- Energetische Gebäudesanierung und Bauschäden
- Öffentliches Baurecht
- Kosten- und Terminplanung
Die Studieninhalte überschneiden sich, gerade in den ersten Semestern, mit anderen Studiengängen des Bauwesens an der hochschule 21, sodass Studiengang übergreifende Lehrveranstaltungen stattfinden. Dann kommt es auch mal vor, dass man mit über 100 Leuten in einem Vorlesungsraum sitzt, aber das ist die Ausnahme. Die meisten Vorlesungen finden in kleineren Gruppen statt. Im vierten Semester studieren derzeit etwa 40 Architekturstudenten. Für Entwürfe sind wir auf mehrere Professoren aufgeteilt, sodass eine intensive Betreuung bei den Konsultationen möglich ist. Ich genieße es sehr, dass man sich untereinander kennt und die Professoren einen mit Namen ansprechen. Das macht das ganze Studium etwas persönlicher. Unsere Hochschule ist sehr gut ausgestattet, sodass Materialien für beispielsweise den Modellbau von der Hochschule übernommen werden. Wir haben eine eigene Modellbauwerkstatt, wo Material herausgegeben wird und alle möglichen Geräte, wie zum Beispiel 3D-Drucker zur Verfügung stehen.
Während des Studiums müssen mehrere Wahlpflichtkurse belegt werden. Die Kurse geben die Möglichkeit Wissen zu vertiefen oder spezielles Wissen und Qualifikationen zu erwerben. Ich habe bis jetzt Wahlpflichtkurse,wie Freihandzeichnen, Architekturfotografie und Sondergebiete des regionalen Städtebaus, belegt. Es gibt aber noch viele weitere Kurse aus verschiedensten Gebieten.
Eine generelle Anwesenheitspflicht gibt es bei uns nicht, aber einige Seminare müssen besucht werden. Für jedes Studienfach muss eine Prüfungsleistung, sowie eine Studienarbeit absolviert werden. Die Prüfungen finden immer in der letzten Woche der Theoriephase statt.
Ein großer Vorteil an meinem Studiengang ist, dass wir einen „Doppelabschluss“ machen. Die Architektenkammer Niedersachsen erkennt den Studiengang inkl. Berufserfahrung in dem Maße an, dass man sich in die Liste der Architekten eintragen kann (normalerweise ist dies nicht zeitgleich mit dem Bachelorabschluss möglich). Darüber hinaus wird von der Ingenieurkammer Niedersachsen eine Ingenieururkunde verliehen.
Und später?
Als Architektin und Ingenieurin ist die naheliegendste Tätigkeit natürlich die Arbeit in einem Architektur- bzw. Planungsbüro. Man kann aber auch im Hochbau, Tiefbau, in Immobilien- und Bauverwaltungen, Designagenturen, Kulturbetrieben, Banken und vielen anderen Unternehmen tätig sein.
Da mein Praxispartner das Studium für mich finanziert, werde ich mindestens die ersten zwei Jahre nach dem Studium in der Firma arbeiten. Der genaue Bereich ist noch nicht klar, aber wahrscheinlich geht es in Richtung Projektsteuerung/Projektentwicklung. Diese vertragliche Bindung an das Unternehmen klingt zunächst nach einer Pflicht; ich sehe das eher als Chance. Es gibt mir die Möglichkeit, nach meinem Studium bei einer Firma Berufserfahrung zu sammeln, die mir bereits während der Praxisphasen meines Studiums Einblicke in viele Bereiche der Architektur ermöglicht hat. Für die Firmen ist das Binden an das eigene Unternehmen wichtig, da sie viel Geld in die Ausbildung von dualen Studenten investieren.
Natürlich berechtigt das Bachelorstudium den Zugang zu einem Masterstudiengang. Man muss immer selber wissen, wie hoch man hinaus möchte und ob eine Spezialisierung durch einen Master für einen sinnvoll ist. Ich selbst möchte erstmal meine Bachelorurkunde in der Hand halten und etwas Berufserfahrung sammeln.