Studiengang: Politik- und Verwaltungswissenschaften



Hallo! Ich bin ein Powalter – oder Powaltraud wenn ihr die weibliche Variante bevorzugt. Ich habe in Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften studiert und möchte Euch in diesem Beitrag erklären, was das eigentlich heißt und was der Unterschied zwischen einem Politikstudenten und einem Powalter ist.

Den Studiengang gibt es in der Ausrichtung nur zweimal in Deutschland: in Konstanz und in Potsdam. Politikwissenschaften mit unterschiedlichsten Schwerpunkten kann man fast überall in Deutschlands studieren und auch Verwaltung wird manchmal angeboten. Doch die Kombination macht es eigentlich aus. Ich werde mich einfach mal an der Website meiner Alma Mater entlanghangeln und Euch zeigen, was so gut (und vielleicht auch nicht so gut) an meinem Bachelorstudiengang ist.


Erstmal die Voraussetzungen und Kosten


Um Politik und Verwaltung zu studieren, zählen hauptsächlich das Abiturzeugnis und ggf. Berufserfahrung. Einen Numerus Clausus gibt es in der Hinsicht nicht. Dieser wird immer jedes Jahr neu berechnet, je nachdem wie gut die Abschlusskohorte ist. Jedes Jahr werden um die 200 Studierenden zugelassen. Die einzigen Kosten die auf einen zukommen, sind ca. 200 € Verwaltungsbeitrag. In den ersten drei Semestern muss man normalerweise nur ein bis zwei Bücher kaufen (je zwischen 10 und 20 €). Bei Büchern, die teurer sind lassen sich die Studierenden schon mal etwas einfallen (was ich aus bestimmten Gründen aber hier nicht erwähnen möchte). Kopierkosten sind relativ niedrig mit 0,05 € pro Blatt. Wenn man aber gut mit Laptop und Tablet klar kommt, kann man viele Kosten sparen. Die Mensa ist vergleichsweise günstig: 2,70€ kostet das günstigste Hauptgericht. Lebenshaltungskosten in Konstanz sind etwas höher als in anderen Kleinstädten Deutschlands. Die Attraktivität der Lage macht Wohnungskosten etwas teurer. Jedoch hat man durch die Insel Reichenau rund ums Jahr frisches Gemüse zu guten Preisen.



Interdisziplinarität


Um ehrlich zu sein hatte ich keine Ahnung was auf mich zukommt mit diesem wunderschönen Wort, als ich mich für den Bodensee entschied. Es bedeutet, dass mehr als eine Forschungsdisziplin gelehrt wird. Interdisziplinarität ist eigentlich schon mit der Kombination Politik und Verwaltung gegeben. Doch da steckt noch viel mehr dahinter: Auf der einen Seite studiert man natürlich Politikwissenschaften. D.h. im Klartext Vorlesungen und Seminare zu verschiedenen Grundlagen, wie: das politische System Deutschlands, Vergleich von politischen Systemen, politische Theorie, Internationale Beziehungen und und und. Die Vorlesungen geben die Basis und beinhalten ganz schön viel Stoff, den man in den ersten drei Semestern lernt und dann zum richtigen Zeitpunkt wiedergeben muss (in Klausuren).

Neben den politischen Schwerpunkten gehört auch Verwaltungs- und Managementlehre zu den Inhalten. Hier bekommt man einen guten Einblick, was Verwaltung wirklich bedeutet und welchen Spielraum es in der deutschen Verwaltung eigentlich gibt. In den Vorlesungen zu Management lernt man einiges über Unternehmen, wie man sie erfolgreich führt und wie man seine Mitarbeiter motivieren kann.

Aber das ist noch nicht alles! Um ein guter Wissenschaftler zu werden braucht es noch etwas: Methoden. Der Studiengang führt einen an die Werkzeuge der Wissenschaft heran. Das nennt sich dann „Empirische Methoden der Sozialforschung“ und „Statistik“. Da kommt man leider nicht drum herum und wer denkt, man bräuchte Mathe nie mehr wieder, der liegt leider falsch. Aber keine Sorge, Tutorien helfen Euch, das Kompliziertere zu verstehen.

Ein letzter Punkt macht dann das Studium so richtig interdisziplinär: Man hat noch das Vergnügen eine Vorlesung in Volkswirtschaft zu besuchen. Es war ehrlich gesagt eher nicht mein Ding, aber als Politikwissenschaftler braucht man nun mal mehrere Gebiete, um die Komplexität der Politik zu verstehen.

In der zweiten Hälfte des Studiums darf man sich Seminare zu seinen Lieblingsthemen aussuchen. Es ist nicht ganz so einfach wie es klingt, denn es hängen noch ein paar Regeln daran… Aber man darf sogar Seminare und Veranstaltungen aus anderen Studiengängen besuchen, wie Jura, Wirtschaft, Psychologie oder Soziologie. Damit ist dann das Konzept der Interdisziplinarität perfekt. Ich persönlich habe es sehr genossen so viel Freiraum in der Kurswahl zu haben und außerdem verhindert das Konzept, dass man zum „Fachidioten“ wird.




Praxisorientierung


Praxisorientierung ergibt sich aus der Möglichkeit, im vierten Semester ein Praktikum „machen zu müssen“. Viele Studenten müssen das in ihre Semesterferien quetschen, um nach dem Studium zeigen zu können, dass sie Praxiserfahrung haben. Der Fachbereich hat eine tolle Datenbank, falls man selbst noch keine Idee hat, man kann aber auch einfach selbst suchen. Sechs Monate verbringt man dann in einem Unternehmen, in der Verwaltung oder bei einer Nichtregierungsorgansisation (NGO).  Ich habe mein Praxissemester in Berlin bei der Europäischen Akademie verbracht, eine Institution für politische Bildung.


Forschungsorientierung


Das schreibt der Studiengang ganz groß. Man bekommt neben einer sehr guten Methodenausbildung auch früh beigebracht selbst wissenschaftliche Arbeiten zu verfassen. Das machte mir persönlich mehr Spaß, als Klausuren. Zudem gibt es oft Möglichkeiten als studentische Hilfskraft bei einem Professor zu arbeiten und so einen Einblick in dessen Forschung zu bekommen. Oder man hat sogar Glück und darf Daten für ein Forschungsprojekt erheben. Neben den Jobmöglichkeiten gibt es immer wieder sogenannte Kolloquien, wo Forscher ihr Projekt vorstellen. Dort bekommt man direkte Einblicke in das jeweilige Arbeitsgebiet.


Internationalität


Im Bachelorstudiengang waren nicht sehr viele International Studis, im Master dagegen schon mehr. Die Uni versucht zudem internationale Forscher zu sogenannten Gastvorlesungen einzuladen. Aber was die Internationalität wirklich ausmacht, sind die Austauschprogramme der Uni und des Fachbereichs. Neben verschieden Möglichkeiten in den USA, sind vor allem Erasmusprogramme sehr beliebt. Der Fachbereich hat so gute Verbindungen, dass im zweiten oder dritten Jahr fast alle Powalter ins Ausland gehen. Der Vorteil: man muss sich seine Uni nicht selbst aussuchen und viel Papierkram erledigen. Man muss im Erasmusprogramm keine Studiengebühren bezahlen, denn man bekommt ein bisschen Geld und die Möglichkeit, einen Intensivsprachkurs zu machen. Ich war für ein halbes Jahr in Bologna und durfte vorher noch 4 Wochen in Siena mein Italienisch auf Hochtouren bringen. Viele Unis im Ausland bieten natürlich auch Kurse auf Englisch an, also habt keine Angst falls ihr nicht Schwedisch oder andere Fremdsprachen sprecht.


Freizeit


Hatte ich schon erwähnt, dass Konstanz am Bodensee liegt? Das bedeutet nicht nur wunderschönstes Alpen- und Seepanorama (und Nebel im Winter) sondern auch viele Möglichkeiten die freie Zeit zu gestalten. Neben dem Sportprogramm der Uni kann man segeln lernen, wandern gehen oder schwimmen im See. Traditionell muss man im Studentenleben einmal von der Fahrradbrücke gesprungen sein und Anfang April einmal ganz in den See (ja er ist noch klirrend kalt). Die Stadt ist übrigens eine Fahrradstadt. Eigentlich jeder Student bewegt sich meist zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Von Konstanz aus kann man auch mal schnell einen Ausflug in die Schweiz machen oder für die Sommerfestspiele nach Bregenz.

Generell gibt es alles, was andere Städte auch haben: Sportanlagen, Schwimmbäder, sogar eine Therme, ein paar nette Museen, eine tolle Altstadt mit vielen kleinen Kneipen etc. Ein Highlight ist sicherlich das Weinfest im Frühherbst. Den Sommer verbringen viele Studierende mit Grillen am Rhein oder See.


Zukünftiges


Nach den drei bis vier Jahren im BA Politik- und Verwaltungswissenschaft hat man mehrere Möglichkeiten: Viele meiner Kommilitonen haben einen Job gefunden oder ein Praktikum hinten angehängt. Andere haben erstmal eine Pause eingelegt. Die meisten jedoch suchen nach einem Master um sich zu spezialisieren oder ihre Einstellungschancen zu erhöhen. Die Plätze in Konstanz sind –wie überall – begrenzt. Es ist leider keine Garantie, dass man nach seinem Studium dort auch den MA dort studieren kann. Einige Studierende (u.a. auch ich) haben sich aber bewusst für einen anderen Ort entschieden, einfach um nochmal was Neues zu erleben. Das liegt aber bei jedem selbst, wie er seine nächsten ein bis zwei Jahre verbringen möchte. Beides hat seine Vor- und Nachteile.

Jobchancen generell stehen recht gut. Ob öffentlich Verwaltung, Private Unternehmen oder International Organisationen – ein Einstieg ist überall realistisch. Das einzig Schwierige ist, eine Entscheidung zu treffen.




Fazit


Ich habe meine Zeit am Bodensee sehr genossen. Die Winter sind neblig, dafür sind die Sommer wunderschön mit Alpenpanorama. Neben dieser Kurzwerbung kann ich zum Studiengang Politik- und Verwaltung nur sagen: es war anstrengend und manchmal stressig, aber ich bin überzeugt, dass mir der Studiengang einen guten Start für die Zukunft und eine erstklassige Ausbildung gegeben hat. In meinem Master fehlt es mir eigentlich an nichts und ich konnte  an der neuen Uni gut an Inhalte aus meinem gelernten Fach PolVer anknüpfen.

– von Désirée Biehl, ASk e.V.


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