Mit dem folgenden Artikel erfährst du wissenswertes über
- den Ablauf der Berufswahl,
- das Ziel von beruflicher Orientierung,
- welche Kompetenzen Jugendliche zur erfolgreichen ersten Berufswahl brauchen,
- und was Mentorinnen und Mentoren für ihre Regionalarbeit daraus lernen können.
Was ist unter Berufswahl zu verstehen und wie läuft sie ab?
Junge Erwachsene auf dem Weg der beruflichen Orientierung zu begleiten, kann herausfordernd sein. Verschiedene Menschentypen benötigen unterschiedliche Hilfestrategien und eine andere Art der Begleitung. Denn die Berufswahl läuft sehr individuell ab, in unterschiedlichen Phasen (bspw. Einstimmen, Erkunden, Entscheiden, Erreichen [1]) und vor allem lebenslang. Sie ist nicht mit einer einmaligen Beratung erledigt, wie sie es bspw. in der klassischen Berufsberatung üblich ist. Berufswahl ist eine natürliche Entwicklungsaufgabe, die jedoch auch äußeren Einflussfaktoren unterworfen ist (wie der Angebotsnachfrage auf dem Arbeitsmarkt, Zugängen zu Studiengängen, aber auch familiären/gesellschaftlichen Einflüssen). Berufswahl ist demnach keine rein planbare und rationale Wahl, sondern auch ein Ergebnis eines komplexen und unvorhersehbaren Prozesses.
Bedeutung äußerer Einflussfaktoren
Ratsam ist es, die soeben genannten Erkenntnisse zum Ablauf der Berufswahl mit den Jugendlichen in Einzel- oder Gruppengesprächen einfließen zu lassen. Die Bedeutung äußerer Einflussfaktoren kann in Gesprächen reflektiert, ggf. sogar aufgebrochen werden. Außerdem führt so ein Gespräch auch dazu, dass Jugendliche, wenn einmal ein Plan nicht funktioniert, die Ursache nicht nur bei sich selbst suchen.
Selbstwirksamkeitserwartung fördern
Einen Einfluss auf die Berufswahl hat außerdem, welche Fähigkeiten und Interessen die Jugendlichen bei sich selbst erkennen. Die eigene Wahrnehmung von Fähigkeiten (Selbstwirksamkeitserwartung genannt) wird stark durch äußere Einflüsse, wie die positive oder negative Bestärkung von Lehrkräften oder Eltern, gesteuert: spricht eine Lehrkraft einem/einer Jugendlichen bspw. mathematische Fähigkeiten ab und äußert keine Zuversicht in eine Entwicklung, sinkt der Glaube in die eigene Fähigkeit und auch in das Interesse.
Nicht immer sind die Einschätzungen der Lehrkräfte korrekt. Deswegen lohnt es sich, mit Jugendlichen auch Interessensbereiche zu besprechen, die sie für sich zuerst ablehnen und ihre Gründe zu erfahren. Hierfür eignet sich die Veranstaltung „Über den Tellerrand“, die ein verpflichtender Bestandteil der Regionalarbeit im ersten Förderjahr ist.
Rollenzuschreibungen
Neben dem Einfluss von Lehrkräften auf die Selbstwirksamkeitserwartung haben auch geschlechterstereotype Rollenzuschreibungen einen starken Einfluss auf die Berufswahl. Frauen schreiben sich in der Regel geringere mathematische Fähigkeiten zu, obwohl keine schlechtere mathematische Veranlagung bei Frauen durch die Forschung nachweisbar ist [2]. Besonders in der Erziehung wird jedoch vorgelebt, dass Frauen weniger mathematische/naturwissenschaftliche Begabungen/Fähigkeiten haben. Ein Interesse in diesen Bereichen bildet sich daher häufig gar nicht aus.
Was ist das Ziel von beruflicher Orientierung und wie können Mentorinnen und Mentoren unterstützen?
Ziel „Berufswahlkompetenz“
Berufliche Orientierung zielt darauf ab, eben diese sogenannte Berufswahlkompetenz zu fördern. Berufswahlkompetenz ist „die Kompetenz einer Person, lebenslang ihre Berufsbiographie zu entwerfen, zu planen, zu gestalten und zu verantworten“ [4].
In welchen spezifischen Berufswahlkompetenzen Jugendliche fit gemacht werden sollten, zeigt das Thüringer Berufsorientierungsmodell, kurz „ThüBOM“. Laut des Modells [1] sollen Jugendliche für einen erfolgreichen Berufswahlprozess auf drei Ebenen gefördert werden:
- sie brauchen spezifisches Wissen: Selbst, - Konzept-, Bedingungswissen, Planungs- und Entscheidungskompetenz
- sie brauchen langfristige Motivation, wie bspw. Zuversicht, Eigenverantwortung und Offenheit
- sie müssen lernen, aktiv zu handeln: Problemlösen, Stressmanagement, Selbststeuerung und Erkundungslust
Das Modell ist auch Teil des zweiten Studienkompass-Workshops, der vom Studienkompass zentral organisiert wird: die Jugendlichen sollen anhand des Modells den Berufswahlprozess selbst verstehen, um zu erkennen, was noch auf die zukommt und vor allem was sie bereits erreicht haben. Weiterer führende Informationen zu dem Modell können hier abgerufen werden.
Kompetenzen fördern – wie geht das?
Das Gute an Kompetenzen ist, dass sie erlern-, trainier- und veränderbar sind [5]. Sie bilden sich jedoch nicht durch Vorträge, sondern vielmehr durch aktive Erfahrung aus. Die Kompetenz, mit Herausforderungen umzugehen, bildet sich wahrscheinlicher bei einem Besuch eines Hochseilgartens aus als durch einen Vortrag über Herausforderungen. Bei einem Vortrag kann jedoch ein Bewusstsein über ein Thema geschaffen werden, aber eben keine Kompetenz. Damit Jugendliche von einer Kompetenz profitieren können, muss sie ihnen auch noch erkenntlich gemacht werden. D.h. sie müssen erkennen, dass sie eine bestimmte Kompetenz auch besitzen. Dies geschieht durch Reflexionen, indem Mentorinnen und Mentoren nach Aktivitäten wie Hochseilgärten bspw. fragen, wie sich mit ihrer Höhenangst umgegangen sind oder was sie über sich Neues gelernt haben.
Für die Entwicklung von Berufswahlkompetenzen gilt:
- Kompetenzentwicklung läuft bei jeder Person individuell ab.
- Kompetenzentwicklung ist nicht geradlinig und nicht an ein Alter gebunden: Jugendliche sollen und brauchen sich nicht vergleichen, wie weit andere in ihrer Berufswahl sind. Es gibt hierfür keine Regel, wer wann wie weit sein muss!
- Die Entwicklung kann auch zeitweise rückläufig sein: Es ist normal, wenn Jugendliche bei der Berufswahl „Rückschritte machen“.
- Orientierungs- und Entscheidungsprozesse wiederholen sich im Leben immer wieder: Daher lohnt es sich mit Jugendlichen darüber zu sprechen, dass die meist als stressig empfundene Berufswahlzeit während des Abiturs eine Vorbereitung auf noch viele weitere Entscheidungen ist.
Was ist wichtig bei der Planung von SK-Regionaltreffen?
Folgende Kriterien solltet ihr bei euren Regionaltreffen beachten, wobei nicht immer alle Kriterien gleichermaßen erfüllt/ mitgedacht werden müssen: