Nicht immer treffen wir auf Menschen, die unsere Werte teilen. Unterscheiden sich unsere persönlichen Werte, kann dies zu einem bereichernden Austausch führen: Wenn für dich zum Beispiel Ernährung, Gesundheit und Sport sehr wichtige Werte sind, kannst du deinem Gegenüber sicherlich sehr viel darüber erzählen. Dein Gegenüber wiederum betrachtet ehrenamtliches Engagement als persönlich wichtigen Wert und wird dir über verschiedene Engagementmöglichkeiten Auskunft geben können. Seid ihr beide offen und neugierig, könnt ihr ein angenehmes Gespräch führen. Doch was ist, wenn ihr euch in euren Grundwerten und gesellschaftlichen Werten voneinander unterscheidet? Was machst du, wenn du merkst, dass dein Gegenüber die Demokratie am liebsten abschaffen würde und Empathie für sie oder ihn nur ein abstrakter Begriff, jedoch kein gelebtes Wort ist? Zugegeben, das ist keine einfache Situation. Dennoch möchten wir dir einige Tipps für solche Gespräche geben.
Wertschätzung und Respekt
Es kann sehr herausfordernd sein, nicht die Fassung zu verlieren und empört zu reagieren. Oftmals entsteht der Impuls, sofort für die eigenen Werte einzustehen und dem Gegenüber klar zu signalisieren, dass wir ihre oder seine Ansicht nicht teilen. Wir werden emotional und vergreifen uns im Ton. An dieser Stelle ist keine sachliche Diskussion mehr möglich, es kommt zum Streit. Versuche daher, deinem Gegenüber mit Wertschätzung und Respekt zu begegnen. Hinter fragwürdigen Denkweisen stehen oftmals Sorgen und Ängste. Signalisiere ihr oder ihm, dass du ihre oder seine emotionale Reaktion wahrnimmst, und reagiere mit Empathie, z. B. kannst du sagen: „Ich nehme wahr, xyz macht dir große Sorgen und das bedrückt dich.“ Manchmal helfen Fragen: Einerseits signalisierst du Interesse und Offenheit, indem du Fragen stellst. Andererseits kannst du Fragen stellen, um auf logische Fehler aufmerksam zu machen und dein Gegenüber in die Position zu bringen, diese zu erklären.
Es kann hilfreich sein, zwischen der Verhaltens- und der Motivebene zu unterscheiden. Ein Beispiel hierfür ist Aktivismus für den Klimaschutz. Eine Person blockiert Straßen oder klebt sich an Kunstwerke in einem Museum, um Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu erzeugen. Möglicherweise lehnst du dieses Verhalten ab, kannst aber das Motiv dahinter anerkennen: Die Person möchte auf den Klimawandel aufmerksam machen und setzt sich leidenschaftlich für den Umweltschutz ein. Ihr Motiv ist, die Erde zu schützen und zukünftigen Generationen ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. In diesem Fall könntest du dich mit deinem Gegenüber auf der Motivebene einigen, auch wenn du das Verhalten der Person ablehnst. Versuche also zu verstehen: Welche Motive hat mein Gegenüber? Welche Ziele, Werte und Bedürfnisse prägen ihre oder seine Weltanschauung?
Deinen Standpunkt teilen
Wenn du deinem Gegenüber wertschätzend und respektvoll gegenüber geblieben bist, ist dein Gegenüber auch eher offen, sich deine Sichtweise anzuhören. Verdeutliche, welche Ziele, Werte und Bedürfnisse du hast. Gehe darauf ein, wo du dein Gegenüber verstehst und worauf du dich mit ihr oder ihm einigen kannst. Betone jedoch auch, was du anders siehst, und begründe dies mit einem konkreten Wert oder einem konkreten Bedürfnis. Stelle deine Sicht nicht als absolute Wahrheit dar, sondern formuliere diese als deine persönliche Meinung bzw. als dein persönliches Werteverständnis. Lass hierbei Raum für Diskussion und Rückfragen. Wichtig ist, dass du respektvoll bleibst und keinen Hass in die Schilderung deiner Sichtweise einfließen lässt. Es geht gar nicht darum, dein Gegenüber von deinem Werteverständnis zu überzeugen – es geht darum, Impulse zu setzen und für dich und deine Werte einzustehen. Denn wenn du deinem Gegenüber zuhörst und interessiert Nachfragen stellst, ohne danach deinen Standpunkt zu erläutern, kann dies als Zustimmung gewertet werden.
Bei rassistischen oder antisemitischen Äußerungen musst du immer eine klare Grenze ziehen, den Rassismus/Antisemitismus klar benennen und dich davon distanzieren.
Was du sonst noch tun kannst
Wenn du in eine Diskussion gerätst, kann es helfen, herauszufinden, auf welche Werte oder Ausgangspunkte ihr euch einigen könnt. Oftmals unterscheidet man sich gar nicht in allen Werten, sondern nur in einigen punktuell. Eine gemeinsame Basis hilft, sachlicher zu diskutieren.
Die Aussagen einer Person mit anderen Wertvorstellungen können uns manchmal sehr empören. Achte gut auf dich und wie es dir selbst damit geht. Teile deine Ressourcen gut ein und gönne dir Pausen. Wenn die Belastung zu groß wird, setze Grenzen oder breche den Kontakt im Extremfall ab. Sollte dein Gegenüber Verschwörungserzählungen kundtun, sei dir darüber bewusst, dass bei starkem Verschwörungsglauben Umdenken ein sehr langer Prozess sein kann. Sollte jemand in deinem Umfeld von rassistischen, antisemitischen oder rechtsextremen Verschwörungserzählungen betroffen sein, kannst du dich an folgende Beratungsstellen wenden: