Der Wandel der Arbeitswelt bringt neben vielen weiteren Entwicklungen auch neue Anforderungen an Unternehmensführung mit sich. Konventionelle Führungsstile, die von oben nach unten agieren, werden in vielen Organisationen nicht mehr akzeptiert oder als effektiv angesehen. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit werden immer wichtiger, um als Unternehmen schneller auf Veränderungen reagieren zu können.
Holacracy ist eine neue demokratische Managementstruktur, in der die Macht auf die gesamte Organisation verteilt wird und somit einzelne Personen und Teams mehr Verantwortung erhalten. Das Ziel von Holacracy ist es, Hürden abzubauen, die die Effektivität der Mitarbeitenden einschränken und sie darin hindern, Ideen umzusetzen oder schnell und wirkungsvoll auf Veränderungen zu reagieren.
Das Grundprinzip von Holacracy lautet: Führen ohne Hierarchie
Aber kann das wirklich funktionieren? Wir stellen euch das Konzept hinter diesem Organisationsprinzip vor.
Der Holacracy-Ansatz
Erdacht wurde Holacracy von dem amerikanischen Unternehmer Brian Robertson, der mehrere Jahre den Holacracy-Ansatz ausprobierte und 2010 die Holacracy Constitution (Holokratie Verfassung) herausbrachte. Sein Konzept dient als Fundament für den Aufbau neuer Unternehmenskulturen.
Das Holacracy-Konzept ist zweckorientiert, das heißt, die Organisation benennt ihren purpose, also ihren Zweck, und gibt dadurch eine Richtung für jedes Handeln und jede Entscheidung vor. Die Verantwortung für die Erfüllung des Zwecks wird auf alle Mitarbeitenden verteilt und Entscheidungen werden basisdemokratisch getroffen.
Ein Beispiel
Ein Unternehmen, das Pudding herstellt, könnte für sich den Zweck formulieren: „Wir wollen für unsere Kundinnenund Kunden den leckersten nachhaltig produzierten Pudding anbieten.“ Diese Aussage gilt damit als Basis für jedes Handeln innerhalb der Organisation.
Rollen und Kreise
Statt starrer Stellenbeschreibungen werden den Mitarbeitenden je nach Fähigkeiten und aktuellen Anforderungen der Organisation sogenannte Rollen flexibel zugewiesen. Eine Person kann mehrere Rollen innehaben und eine Rolle kann von mehreren Mitarbeitenden übernommen werden, solange vereinbart wird, wer welchen Schwerpunkt übernimmt. Der Verzicht auf starre Aufgabenbeschreibungen und Organigramme ermöglicht, dass sich ein Unternehmen einfacher und schneller an veränderte Bedingungen anpasst.
Rollen, die schwerpunktmäßig zueinander passen, werden in Kreisen und Unterkreise organisiert. Sie agieren selbstorganisiert und selbstbestimmt, das heißt sie entscheiden über ihre Arbeitsstruktur und Zusammenarbeit eigenständig und sämtliche Informationen sind transparent für alle Mitarbeitenden.
Jede Rolle und jeder Kreis verfolgt einen eigenen Zweck, der wiederum dem nächsthöheren Zweck unterliegt.
Ein Beispiel
So könnte es in dem Pudding-Unternehmen einen Kreis „Neue vegane Sorten“ geben, in dem es die Rollen Marktforschung, Produktentwicklung und Marketing gibt. Eine Person, die die Rolle Marketing in diesem Kreis innehat, kann zeitgleich in einem anderen Kreis für das Produktdesign zuständig sein. Der Zweck des Kreises lautet: „Wir entwickeln neue vegane Puddingsorten.“ Dieser Zweck ist an den übergeordneten Zweck des Unternehmens ausgerichtet.
Vor- und Nachteile
Richtig implementiert, kann ein Unternehmen durch Holacracy seine Talente besser erkennen und diese effizienter einsetzen. Zudem verfügen die Rollen über einen hohen Grad an Autonomie, um schnell Entscheidungen zu treffen. Somit ist die Organisation wesentlich agiler als ein klassisches Unternehmen. Allerdings ist Holacracy mit seinen über 30 Grundregeln und komplexen Zusammenhängen ein komplizierter Ansatz.